Ein geschiedener Ehegatte kann seinen Unterhaltsanspruch verlieren, wenn er mit einem anderen in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebt. Dies setzt, wie ein Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe zeigt, nicht zwingend voraus, dass der Unterhaltsberechtigte mit dem neuen Partner in einer Wohnung zusammenlebt.
Eine Verwirkung wegen einer verfestigten Lebensgemeinschaft kommt nach der Rechtsprechung vornehmlich in drei Fällen in Betracht: Zunächst kann ein Unterhaltsanspruch verwirkt sein, wenn der Unterhaltsberechtigte nur deshalb von der Eheschließung mit dem neuen Partner absieht, um den Unterhaltsanspruch nicht zu verlieren. Eine objektive Unzumutbarkeit der Unterhaltsleistung kann sich auch ergeben, wenn die Partner gemeinsam wirtschaften und der Berechtigte in der neuen Gemeinschaft sein Auskommen findet, faktisch also eine ehegleiche ökonomische Solidarität geübt wird (sog. Unterhaltsgemeinschaft oder sozioökonomische Gemeinschaft). Schließlich kann, unabhängig insbesondere von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des neuen Partners, ein Verwirkungsgrund darin liegen, dass sich die neue Beziehung in einem solchen Maße verfestigt hat, dass sie als eheähnliches Zusammenleben anzusehen und gleichsam an die Stelle einer Ehe getreten ist.
Letzteren Fall nahm das Gericht hier an. Zwar wohnte die unterhaltsberechtigte Frau nicht mit dem neuen Partner zusammen. Jedoch trat sie mit ihm seit drei Jahren in der Öffentlichkeit wie ein Paar auf, sie machten gemeinsame Urlaube, gestalteten ihre Freizeit zusammen und nahmen gemeinsam an Familienfesten teil. Damit war der Unterhaltsanspruch als verwirkt anzusehen.
Urteil des OLG Karlsruhe vom 15.05.2008
Aktenzeichen: 2 UF 219/06
OLGR Karlsruhe 2008, 792
NJW-Spezial 2009, 6