Nach § 2325 BGB kann ein Pflichtteilsberechtigter (Kind, Ehegatte, Eltern) einen sogenannten Pflichtteilsergänzungsanspruch gegen einen vom Erblasser zu dessen Lebzeiten Beschenkten verlangen, soweit durch die Schenkung der Nachlass und damit der Pflichtteilsanspruch vermindert wurde. Der Anspruch besteht nicht mehr, wenn zwischen Schenkung und Erbfall mindestens 10 Jahre vergangen sind. Ein Pflichtteilsergänzungsanspruch spielt häufig dann eine Rolle, wenn Eltern – meist aus steuerlichen Gründen – ihren Kindern bereits zu Lebzeiten das von ihnen bewohnte Einfamilienhaus übertragen haben. Dabei behalten sich die Eltern meist ein lebenslanges Wohn- oder Nießbrauchsrecht vor oder lassen sich als Gegenleistung eine monatliche Rente zusagen. In diesen Fällen ist fraglich, wie sich solche Gegenleistungen auf die Höhe des Wertes der Schenkung auswirken.
Nach dem sogenannten Niederstwertprinzip ist der jeweils niedrigste Wert zum Zeitpunkt der Schenkung oder des Erbfalls maßgeblich (§ 2325 Abs. 2 S. 2 BGB). Ist danach der Wert eines Grundstücks zum Zeitpunkt des Erbfalls zugrunde zu legen, so kommt ein dem Erblasser vorbehaltener Nießbrauch nicht als Wertminderung der Schenkung in Ansatz, wohl aber eine Verpflichtung des Grundstücksübernehmers zur Zahlung einer Leibrente an den Erblasser.
Urteil des OLG Schleswig vom 25.11.2008
Aktenzeichen: 3 U 11/08
OLGR Schleswig 2009, 97