Ein Autofahrer fuhr vom Straßenrand an, um zu wenden. Dabei übersah er einen Motorradfahrer, der gerade mit erheblich überhöhter Geschwindigkeit ein anderes Kfz überholt hatte. Es kam zur Kollision. Der Autofahrer meinte, den Motorradfahrer treffe eine Mithaftung an dem Unfall. Seine Klage wurde jedoch in zwei Instanzen abgewiesen.
Einen vom Straßenrand zum Wenden anfahrenden Kraftfahrer trifft eine erhöhte Sorgfaltspflicht. Bei dem Vorgang muss die Gefährdung anderer ausgeschlossen sein (§ 9 Abs. 5 StVO). Dass ihm die Sicht auf den Motorradfahrer verdeckt gewesen sei, konnte der Pkw-Fahrer nicht beweisen. Blieb nur noch die Frage, ob sich der Motorradfahrer unter dem Gesichtspunkt der Betriebsgefahr eine Mithaftung anrechnen lassen musste. Auch dies verneinten die Richter. Zum Zeitpunkt des Unfalls war der Überholvorgang bereits abgeschlossen. Das Argument, der Motorradfahrer wäre bei Einhaltung der zulässigen Geschwindigkeit erst später an der Unfallstelle gewesen, überzeugte nicht. Vielmehr kommt es nur darauf an, ob der Unfall für ihn zum Zeitpunkt der kritischen Verkehrssituation vermeidbar gewesen wäre. Dies war angesichts des gravierenden Fehlverhaltens des Autofahrers zu verneinen.
Urteil des OLG Celle vom 27.05.2009
Aktenzeichen: 14 U 2/09
NJW-Spezial 2009, 442
VRA 2009, 148