Als „Maultaschenfall“ wurde die fristlose Kündigung einer Altenpflegerin bekannt, die entgegen dem Verbot des Arbeitgebers mehrere vom Essen der Heimbewohner übrig gebliebene Maultaschen für sich mit nach Hause genommen hatte. In der Folgezeit berichteten die Medien über eine Reihe zahlreicher Bagatellkündigungen (z.B. Brotaufstrich, Handy-Aufladen etc.). In der Berufungsverhandlung zum „Maultaschenfall“ stellte nun das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg klar, dass nicht jeder Diebstahl zulasten des Arbeitgebers zu einer außerordentlichen Kündigung führt.
Zwar ist an dem vom Bundesarbeitsgericht aufgestellten Grundsatz festzuhalten, dass auch der Diebstahl von geringwertigen Sachen grundsätzlich einen Grund für eine fristlose Kündigung darstellen kann. Der Wert der Sache spielt daher zunächst keine Rolle. Der geringe Schaden des Arbeitgebers gibt jedoch Anlass zu einer umfassenden Interessensabwägung, bei der auch die Dauer der Beschäftigung des Arbeitnehmers und dessen bisheriges Verhalten eine Rolle spielen. Da das Gericht im konkreten Fall erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Kündigung äußerte, einigten sich die Prozessparteien schließlich darauf, das Arbeitsverhältnis mit der 58 Jahre alten und seit 17 Jahren im Betrieb beschäftigten Altenpflegerin gegen eine Abfindung von 25.000 Euro und Nachzahlung der seit der Freistellung geschuldeten Vergütung aufzulösen.
Vergleich vor dem LAG Baden-Württemberg vom 30.03.2010
Aktenzeichen: 9 Sa 75/09
Pressemitteilung des LAG Baden-Württemberg