Bei einem typischen Auffahrunfall spricht der sogenannte Anscheinsbeweis dafür, dass der Auffahrende den Unfall entweder durch einen ungenügenden Sicherheitsabstand, durch zu hohe Geschwindigkeit oder/und durch allgemeine Unaufmerksamkeit schuldhaft verursacht hat. Die Anwendung dieser Beweisregeln setzt jedoch voraus, dass überhaupt ein Auffahrunfall vorlag. Allein das Schadensbild, dass ein Fahrzeug am Heck und das nachfolgende an der Front eingedellt ist, lässt nicht ohne weiteres den Schluss zu, dass tatsächlich ein Auffahrunfall zu den Schäden geführt hat.
In einem vor dem Landgericht Coburg verhandelten Fall hatte eine Porschefahrerin behauptet, nicht sie sei vor einer Kreuzung auf den vor ihr stehenden Mercedes aufgefahren, sondern dessen Fahrer habe sein Fahrzeug zurückgesetzt und so den Unfall verursacht. Da keinerlei Zeugen den Unfall beobachtet hatten und der Schadenshergang schließlich nicht aufgeklärt werden konnte, kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass beide Unfallbeteiligte jeweils zur Hälfte für den Schaden haften.
Urteil des OLG Hamm vom 15.04.2010
Aktenzeichen: 6 U 205/09
NJW-Spezial 2010, 297