Wer die Vorfahrt zu beachten hat, darf nur weiterfahren, wenn er absehen kann, dass er den Vorfahrtsberechtigten weder gefährdet noch wesentlich behindert. Kann er das wegen der Unübersichtlichkeit des Einmündungsbereichs nicht, muss er sich vorsichtig in die Kreuzung hineintasten, bis er die notwendige Übersicht hat.
Für das Kammergericht Berlin bedeutet „Hineintasten“ erforderlichenfalls zentimeterweises Vorrollen bis zum Übersichtspunkt, mit der Möglichkeit sofort anzuhalten. Dabei kann ein mehrfaches Anhalten und Wiederholen dieses Vorgangs über einen längeren Zeitraum erforderlich sein. Dem genügt der Wartepflichtige nicht, wenn er einfach bis zum Übersichtspunkt – ohne Unterbrechung – vorrollt, die Schnittlinie der bevorrechtigten Straße überfährt und damit ganz oder teilweise den Fahrstreifen eines bevorrechtigten Verkehrsteilnehmers sperrt.
Beschluss des KG Berlin vom 28.01.2010
Aktenzeichen: 12 U 40/09
MDR 2010, 805