Wie weit die Schadensersatzpflicht eines Unfallverursachers bzw. dessen Haftpflichtversicherung gehen kann, zeigt ein vom Oberlandesgericht Oldenburg entschiedener Fall. Eine junge Frau hatte als Sozia bei einem Motorradunfall, der auf einen Fahrfehler des Fahrers zurückzuführen war, tödliche Verletzungen erlitten. Die Eltern der Verunglückten machten nun gegenüber der Haftpflichtversicherung des Fahrers geltend, dass sie im Falle einer späteren Bedürftigkeit keine Unterhaltsansprüche gegen ihre Tochter, ihr einziges Kind, geltend machen könnten. Ihre Tochter habe das Abitur gemacht und wollte Chemieingenieurin werden. Der fiktive Unterhaltsanspruch richte sich nach dem Durchschnittseinkommen dieser Berufsgruppe.
Die Versicherung erklärte im Prozess, dass sie die Ansprüche der Eltern dem Grunde nach anerkenne. Eine Berechnung sei zum jetzigen Zeitpunkt jedoch nicht möglich. Dies sah auch das Gericht so. Zum einen war derzeit gar nicht klar, ob und wann Unterhaltsansprüche überhaupt entstehen würden. Zum anderen konnte eine Berechnungsgrundlage, von der ein zu erwartendes Einkommen der Verunglückten nur eine Möglichkeit darstellt, nicht für die Zukunft fiktiv festgelegt werden. Die Höhe etwaiger Ansprüche ist – so das Gericht weiter – auch noch von anderen Faktoren, wie der Höhe der Bedürftigkeit der Eltern und deren eigenem Einkommen abhängig. Daher sahen die Richter gegenwärtig keine Grundlage, eine Entscheidung über die Höhe des geltend gemachten Schadensersatzes zu treffen und wiesen insoweit die Klage ab.
Urteil des OLG Oldenburg vom 19.01.2011
Aktenzeichen: 5 U 48/10
VRR 2011, 163