Gewährt ein Arbeitgeber seinen Mitarbeitern über Jahre hinweg Sonderleistungen, kann hieraus eine betriebliche Übung entstehen, die ihn auch in den Folgejahren zu entsprechenden Leistungen verpflichtet. Unter einer betrieblichen Übung ist die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder eine Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden. In der Regel entsteht dann ein Rechtsanspruch, wenn der Arbeitgeber in drei aufeinander folgenden Jahren eine Sonderzahlung wie beispielsweise ein Weihnachtsgeld gezahlt hat. Er kann sich dem nur durch einen Freiwilligkeits- oder Widerrufsvorbehalt entziehen.
Dabei ist jedoch darauf zu achten, dass der Vorbehalt unmissverständlich formuliert ist. So hielt das Bundesarbeitsgericht folgende Vorbehaltsklausel für missverständlich und damit unwirksam: „Soweit der Arbeitgeber gesetzlich oder durch Tarifvertrag nicht vorgeschriebene Leistungen, wie Prämien, Zulagen, Urlaubsgeld, Gratifikationen, Weihnachtsgratifikationen gewährt, erfolgen sie freiwillig und ohne jede rechtliche Verpflichtung. Sie sind daher jederzeit ohne Wahrung einer besonderen Frist widerrufbar.“ Die Bundesrichter konnten nicht zweifelsfrei erkennen, dass ein Rechtsanspruch auf zukünftige Gewährung der Sonderzahlungen ausgeschlossen werden sollte. Außerdem war nicht klar, warum eine Leistung widerrufen werden sollte, auf die – zumindest nach den Vorstellungen des Arbeitgebers – überhaupt kein Rechtsanspruch bestand. Diese Unklarheiten und Widersprüche führten dazu, dass mit der Vorbehaltsklausel ein Rechtsanspruch für die Folgejahre nicht ausgeschlossen war.
Urteil des BAG vom 08.12.2010
Aktenzeichen: 10 AZR 671/09
DB 2011, 1279
NZA 2011, 628-