Ist ein vorfahrtsberechtigtes Fahrzeug insbesondere wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung für einen wartepflichtigen Verkehrsteilnehmer nicht oder zu spät erkennbar, ist in der Regel von einer Mithaftung des Vorfahrtsberechtigten auszugehen. In besonders gravierenden Fällen kann dies sogar zu einer alleinigen Haftung des Vorfahrtsberechtigten führen.
So verurteilte das Landgericht Dresden einen Autofahrer zur alleinigen Haftung für einen Unfallschaden, da er auf der Vorfahrtsstraße die zulässige Höchstgeschwindigkeit im Kreuzungsbereich um nahezu 100 Prozent (hier mindestens 95 km/h statt der erlaubten 50 km/) überschritten hatte. Das Verschulden des Vorfahrtsverletzers trat hinter dem erheblichen Verkehrsverstoß des Unfallgegners völlig zurück. In diesem Fall kam es nicht einmal darauf an, ob der Vorfahrtsberechtigte zum Zeitpunkt der Einfahrt für den wartepflichtigen Unfallgegner erkennbar war.
Urteil des LG Dresden vom 30.06.2011
Aktenzeichen: 3 O 3102/10
jurisPR-VerkR 15/2011, Anm. 4