Der Betreiber eines Callcenters schrieb seinen Mitarbeitern bestimmte Verabschiedungsformeln vor: „Ich danke Ihnen für Ihre Bestellung bei Q1! Auf Wiederhören“ oder „Ich danke für Ihre Bestellung bei Q1 und wünsche Ihnen noch einen schönen Tag/Abend! Auf Wiederhören“. Entgegen diesen Vorgaben beendete ein Mitarbeiter seine Telefonate mit Kunden jedoch stets mit den Worten „Jesus hat Sie lieb! Vielen Dank für Ihren Einkauf bei Q1 und einen schönen Tag!“ Trotz mehrfacher Ermahnungen des Vorgesetzten wollte der Mann aus religiösen Gründen nicht auf diese Art der Verabschiedung verzichten. Daraufhin erklärte der Arbeitgeber die Kündigung des Arbeitsverhältnisses.
Grundsätzlich steht dem Arbeitgeber ein einseitiges Recht zu, den konkreten Inhalt der Arbeitspflicht anhand seines Weisungsrechts näher zu bestimmen. Dieses Recht besteht allerdings nicht schrankenlos, sondern findet seine Grenzen im Arbeitsvertrag sowie in den gesetzlichen und kollektiven Vorschriften. Bei Ausübung seines Ermessens muss der Arbeitgeber alle wesentlichen Umstände des Einzelfalls abwägen und auch die Interessen des Arbeitnehmers angemessen berücksichtigen. Dabei bilden die Grundrechte, wie hier die in Art. 4 Abs. 1 und 2 GG geschützte Glaubensfreiheit des Arbeitnehmers eine objektive Werteordnung.
Das mit dem Fall befasste Landesarbeitsgericht Hamm machte deutlich, dass nicht jede behauptete Beeinträchtigung der Religionsfreiheit des Arbeitnehmers zwingend zur Unwirksamkeit einer Arbeitgeberweisung führt. Die Richter kamen zu dem Ergebnis, dass der Gekündigte seinen angeblichen Gewissenskonflikt nicht ausreichend dargelegt hat, wenn er sich lediglich darauf beruft, er fühle sich innerlich dazu verpflichtet, einen religiösen Zusatz bei der Verabschiedung der Kunden zu verwenden, ohne erklären zu können, woraus sich diese innerliche Verpflichtung ergibt. Somit überwog das Interesse des Callcenter-Betreibers an einer einheitlichen weltlichen Verabschiedung gegenüber den Kunden. Die beharrliche Zuwiderhandlung des Gekündigten stellte somit eine Arbeitsverweigerung dar, die die ausgesprochene Kündigung rechtfertigte.
Urteil des LAG Hamm vom 20.04.2011
Aktenzeichen: 4 Sa 2230/10
jurisPR-ArbR 1/2012, Anm. 2