Das Landgericht Saarbrücken hatte sich mit der unter Juristen höchst umstrittenen Frage zu befassen, ob E-Mails vom Empfänger veröffentlicht werden dürfen, obwohl der Absender diese mit einem sogenannten Disclaimer versehen hat, der eine Veröffentlichung untersagt. In dem konkreten Fall hatte der Verfasser der E-Mails oberhalb der Unterschrift „einer Veröffentlichung mit Hinblick auf das Urheberrecht und Firmengeheimnis“ ausdrücklich widersprochen. Am Ende enthielt die Nachricht noch den Vermerk: „Diese E-Mail enthält vertrauliche und rechtlich geschützte Informationen. Wenn sie nicht der richtige Adressat sind und diese E-Mail irrtümlich erhalten haben, informieren Sie bitte sofort den Absender und vernichten Sie diese E-Mail. Das Kopieren von Inhalten dieser E-Mail, die Weitergabe ohne Genehmigung ist nicht erlaubt und stellt eine Urheberrechtsverletzung dar.“
Nach vorherrschender Meinung können Disclaimer grundsätzlich keine rechtlichen Verpflichtungen begründen, die über das hinausgehen, was bereits die Gesetze vorsehen. Auch das Bundesverfassungsgericht schränkt die Wirkung dahingehend ein, dass das Recht am geschriebenen Wort den Einzelnen nicht dazu berechtigt, öffentlich nur so dargestellt zu werden, wie es ihm selbst genehm ist (BVerfG, Beschl. v. 18.02.2010 – 1 BvR 2477/08).
Demgegenüber vertritt das Landgericht Saarbrücken die Auffassung, dass die unerwünschte Veröffentlichung von durch Disclaimer „geschützte“ E-Mails das Recht des Verfassers am geschriebenen Wort verletzten kann. Die Veröffentlichung ist dann als rechtswidrig anzusehen, wenn eine Interessenabwägung unter Berücksichtigung der konkreten Umstände ergibt, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Absenders die Meinungsfreiheit des Empfängers und das Informationsinteresse der Öffentlichkeit überwiegt. Dies wurde hier bejaht.
Urteil des LG Saarbrücken vom 16.12.2011
Aktenzeichen: 4 O 287/11
jurisPR-ITR 6/2012, Anm. 2
ZD 2012, 144