Eine junge Mutter hatte ihren Pkw verbotswidrig teilweise auf dem Gehsteig abgestellt. Dies wurde von einer Polizeistreife beobachtet. Obwohl die Autofahrerin von einem der Polizeibeamten aufgefordert wurde, das Fahrzeug umgehend zu beseitigen, ließ die Frau den Wagen stehen, um ihr Kleinkind in den ca. 20 Meter entfernten Kindergarten zu bringen. Der Polizist ließ sich auch von der Zusicherung der Frau, gleich wieder zu kommen, nicht davon abhalten, sofort einen Abschleppdienst mit der Beseitigung des verbotswidrig abgestellten Wagens zu beauftragen. Noch bevor der Abschleppwagen eintraf, fuhr die Autofahrerin den Pkw weg. In der Folge weigerte sie sich, die Kosten für die Anfahrt des Abschleppwagens zu tragen.
Auch das Hamburgische Oberverwaltungsgericht hielt die Abschleppmaßnahme für nicht gerechtfertigt. Ist – wie in diesem Fall – aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls sicher, dass der Fahrer eines verkehrsordnungswidrig abgestellten Fahrzeugs in Kürze die Verkehrsbehinderung wieder selbst beseitigen wird, ist eine Abschleppanordnung in der Regel nicht verhältnismäßig. Durch das Abschleppen des Fahrzeugs würde die Behinderung – wenn überhaupt – allenfalls um einige Minuten verkürzt werden. Dies gilt selbst dann, wenn sich der Falschparker vorsätzlich über eine ihm gegenüber mündlich ergangene polizeiliche Anordnung hinwegsetzt. Die Frau muss daher neben dem gegen sie verhängten Bußgeld nicht noch für die Abschleppkosten aufkommen.
Urteil des OVG Hamburg vom 08.06.2011
Aktenzeichen: 5 Bf 124/08
DAR 2012, 105