Der Käufer eines mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks verlangte vom Verkäufer die Minderung des Kaufpreises wegen einer angeblich erheblichen Abweichung der Wohnfläche des Hauses. Zunächst stellte der mit der Sache befasste Bundesgerichtshof klar, dass die im vorgelegten Exposé des vom Verkäufer beauftragten Maklers angegebene Wohnfläche eine rechtsverbindliche Beschaffenheitsvereinbarung beinhaltet.
Was jedoch unter „Wohnfläche“ zu verstehen ist, ist mangels gesetzlicher Regelung (Ausnahme: zum preisgebundenen Wohnungsbau) unklar. Hierzu kursieren diverse Rechenwerke von verschiedenen Sachverständigenverbänden, deren Anwendung zu recht unterschiedlichen Ergebnissen führt. Für derartige Fälle haben die Karlsruher Richter eine Stufentheorie entwickelt: Maßgeblich sind zunächst ausdrückliche oder konkludente Vereinbarungen der Vertragsparteien über das anzuwendende Regelwerk. Sofern hierüber keine Feststellungen getroffen wurden, ist eine eventuelle Ortssitte maßgeblich. Dabei ist es unerheblich, ob die jeweils handelnden Personen vom Inhalt der Verkehrssitte Kenntnis haben. Kann auch eine Verkehrssitte nicht ermittelt werden, ist auch im preisfreien Wohnungsbau die Fläche nach den zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Vorschriften für den preisgebundenen Wohnungsbau heranzuziehen.
Beschluss des BGH vom 19.01.2012
Aktenzeichen: V ZR 141/11
jurisPR-BGHZivilR 7/2012, Anm. 3