Grundsätzlich kann für die Wege zwischen Arbeitsplatz und Wohnung steuerlich stets nur der kürzeste Weg berücksichtigt werden. Die Erstattung für eine verkehrsgünstigere, aber längere Strecke wurde von den Finanzbehörden bislang nur dann anerkannt, wenn damit eine Zeitersparnis von mindestens 20 Minuten pro Fahrt verbunden war.
Dieser Praxis erteilte nun der Bundesfinanzhof eine Absage. Ob eine Straßenverbindung aufgrund einer zu erwartenden Zeitersparnis als „offensichtlich verkehrsgünstiger“ anzusehen ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Insbesondere ist nicht in jedem Fall eine Zeitersparnis von mindestens 20 Minuten erforderlich. Zeitliche Erfordernisse müssen stets ins Verhältnis zur Gesamtdauer der Fahrten gesetzt werden. Danach ist eine Wegstrecke dann „offensichtlich verkehrsgünstiger“, wenn sich jeder unvoreingenommene, verständige Verkehrsteilnehmer unter den gegebenen Verkehrsverhältnissen für die Benutzung der Strecke entschieden hätte. So kann eine Straßenverbindung auch dann „offensichtlich verkehrsgünstiger“ sein als der kürzeste Weg, wenn sich dies aus Umständen wie Streckenführung, Schaltung von Ampeln o.Ä. ergibt.
Urteil des BFH vom 16.11.2011
Aktenzeichen: VI R 19/11
DB 2012, 323
DStR 2012, 276