Wer die betriebliche Arbeitszeiterfassung zu seinen Gunsten manipuliert, indem die Stempeluhr nicht ordnungsgemäß bedient wird, begeht einen schweren Vertrauensbruch, der in aller Regel ohne vorherige Abmahnung eine fristlose Kündigung rechtfertigen kann. Bei der Beurteilung kommt es jedoch stets auf die Gesamtumstände des Einzelfalls an, wie ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin zeigt.
Der Fertigungsleiter eines Produktionsbetriebs hatte mehrmals bei Verlassen des Betriebs die Stempeluhr nicht bedient, wodurch sich die nicht ordnungsgemäß erfasste Arbeitszeit auf eine Stunde summierte. In diesem Fall kam hinzu, dass der Mitarbeiter arbeitsvertraglich zur Ableistung von 10 Überstunden im Monat ohne (weitere) Vergütungszahlung verpflichtet war. Zum Zeitpunkt des Vorfalls war dieses Zeitkontingent nicht annähernd ausgeschöpft. Dem Arbeitgeber wäre daher erst ab der 10. Überstunde ein materieller Schaden entstanden. All dies ließ nicht nur die vom Arbeitgeber ausgesprochene fristlose Kündigung, sondern auch die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung als unverhältnismäßig erscheinen. Der Arbeitgeber hätte das Fehlverhalten allenfalls mit einer Abmahnung ahnden können.
Urteil des LAG Berlin vom 13.06.2012
Aktenzeichen: 15 Sa 407/12
DB 2012, 2052
AuA 2012, 611