Ein Ehepaar suchte einen Notar in seiner Sprechstunde auf. Der Jurist beriet die Eheleute in einer Erbangelegenheit, betreffend den Nachlass ihres Schwagers. Bei dieser Gelegenheit wies er die Eheleute ungefragt auf die Vorteile einer testamentarischen Regelung der eigenen Erbfolge sowie der Errichtung einer Vorsorgevollmacht und einer Patientenverfügung hin. Die Mandanten beauftragten den Notar daraufhin mit der Fertigung eines Testamentsentwurfs. Wenig später beurkundete der Notar ein gemeinschaftliches Testament des Paars. Dieses fühlte sich im Nachhinein durch das Verhalten des Notars überrumpelt und hielt im Übrigen die Rechnung von über 750 Euro für erheblich überhöht.
Das mit dem Rechtsstreit befasste Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt kam zu dem Ergebnis, dass das Ehepaar die Notarrechnung nicht bezahlen muss. Die Richter hielten den Notar im Rahmen seiner beratenden Tätigkeit für verpflichtet, die Rechtssuchenden vor dem Entstehen von Notargebühren für eine Beurkundung darauf hinzuweisen, dass ein Testament nach den gesetzlichen Regelungen wahlweise entweder durch – kostenpflichtige – notarielle Beurkundung einschließlich Entwurfsfertigung oder – ohne Mitwirkung des Notars und ohne Kosten – durch eigenhändiges Aufsetzen errichtet werden kann.
Beschluss des OLG Sachsen-Anhalt vom 02.01.2012
Aktenzeichen: 2 Wx 37/10
FamRZ 2012, 1251
NJW-RR 2012, 1009