Eine Bankangestellte überprüfte 603 Belege innerhalb von weniger als jeweils 1,4 Sekunden, 105 Belege innerhalb von jeweils 1,5 bis 3 Sekunden und 104 Belege in mehr als jeweils 3 Sekunden. Bei dieser Tätigkeit übersah sie, dass ein vorprüfender Arbeitskollege in der Überweisung eines Rentners den eingetragenen Betrag von 62,40 Euro in 222.222.222,22 Euro geändert hatte. Der Fehler war darauf zurückzuführen, dass der für die Prüfung des Betragsfeldes des Belegs zuständige Mitarbeiter bei einem Sekundenschlaf auf die Taste „2“ der PC-Tastatur geraten war und diese länger gedrückt gehalten hatte.
Die Bank nahm den Vorgang zum Anlass, gegen die mit der Endprüfung betrauten Bankangestellten eine außerordentliche und hilfsweise eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung auszusprechen. Das Hessische Landesarbeitsgericht hielt beide Kündigungen für unzulässig. Entscheidend war, dass die Gekündigte ihren Arbeitgeber weder vorsätzlich schädigen noch vorsätzlich den Arbeitsablauf manipulieren wollte und bei der Masse der in kurzer Zeit zu prüfenden Belege durchaus auch Fehler passieren können. Da ihr Arbeitskollege die falsche Eintragung vorgenommen hatte, konnte der Bankmitarbeiterin lediglich eine unterlassene bzw. unzureichende Kontrolle des Überweisungsträgers vorgeworfen werden. Hierbei handelte es sich zwar um einen schweren Fehler. Die für eine Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen notwendige negative Prognose war nach Abwägung aller Umstände, u.a. der 26-jährigen Betriebszugehörigkeit der Gekündigten, aber nicht erkennbar. Daher war es dem Arbeitgeber zumutbar, vor den Kündigungen zunächst eine Abmahnung auszusprechen.
Urteil des Hessischen LAG vom 07.02.2013
Aktenzeichen: 9 Sa 1315/12
Pressemitteilung des Hessischen LAG