Ein Vater, der mit seiner Familie Mitglied der Freien Christengemeinde ist, weigerte sich, seine drei Kinder an einer Klassenfahrt teilnehmen zu lassen. Er sah darin einen Eingriff in die grundrechtlich geschützte christlich geprägte Erziehung der Kinder, da diese in dieser Zeit nicht an den regelmäßigen gemeinsamen Gebeten und Bibellesungen teilnehmen konnten. Das Angebot der Schule, die Kinder abends von dem 35 km entfernten Schullandheim abzuholen und am nächsten Morgen wiederzubringen, lehnte der Vater ab.
Der Fall landete schließlich beim Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen, das feststellte, dass eine Befreiung von schulischen Pflichtveranstaltungen wegen befürchteter Beeinträchtigungen religiöser Erziehungsvorstellungen die Ausnahme zu bleiben hat. Zwar sind der staatliche Bildungs- und Erziehungsauftrag auf der einen und das religiöse Erziehungsrecht bzw. die Glaubensfreiheit auf der anderen Seite als gleichrangig anzusehen. Andererseits ist es jedoch eine vorrangige Aufgabe der Schule, allen Schülerinnen und Schülern ihren Fähigkeiten entsprechende Bildungsmöglichkeiten zu gewährleisten und einen Grundstein für ihre selbstbestimmte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu legen. Dieser staatliche Bildungs- und Erziehungsauftrag würde praktisch ins Leere laufen, müsste die Schule bei der Unterrichtsgestaltung stets auf die in allen Schulen vielfältig auftretenden religiösen Belange Rücksicht nehmen. Dass der Vater das Angebot der Schule, die Kinder jeden Tag mehrere Stunden abholen zu können, grundlos verweigerte, gab letztlich den Ausschlag, dass die Interessensabwägung zu dem Ergebnis führte, die Befreiung von der Klassenfahrt abzulehnen.
Urteil des OVG Bremen vom 19.11.2013
Aktenzeichen: 1 A 275/10
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