Der Betreiber mehrerer Kläranlagen setzte zur Kontrolle der Anlagen eine Fernwartungssoftware ein, bei der der Datenaustausch via Internet stattfand. Die praktisch minütlich automatisch vorgenommenen Einwahlvorgänge wurden von einem Telekommunikationsunternehmen mittels eines Internet by call-Tarifs abgerechnet. Nach einer Preiserhöhung verlangte der Dienstleister neben einem Minutenpreis von 0,0249 EUR pro Einwahlvorgang nunmehr ein weiteres Entgelt von 1,99 EUR, wobei der Kunde davon ausging, dass die Preise allenfalls verkehrsüblich und moderat erhöht wurden. Durch die hohe Anzahl von Einwahlvorgängen entstanden durch die Einführung der Einwahlgebühr jedoch Kosten, die um das 50- bis 100-fache über dem marktüblichen Niveau lagen.
Dies führte dazu, dass das Saarländische Oberlandesgericht Saarbrücken bei der Vereinbarung der Preiserhöhung von einem wucherähnlichen und damit nichtigen Rechtsgeschäft ausging. Wucher im Rechtssinn liegt dann vor, wenn zwischen Leistung und Gegenleistung objektiv ein auffälliges Missverhältnis besteht und zumindest ein weiteres Moment hinzutritt, welches das Rechtsgeschäft bei zusammenfassender Würdigung der objektiven und subjektiven Merkmale als sittenwidrig erscheinen lässt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten nachgewiesen ist.
Die Gerichte gehen im Regelfall bereits dann von einem besonders groben Missverhältnis aus, wenn der Wert der Leistung knapp doppelt so hoch ist wie der Wert der Gegenleistung. Von einer verwerflichen Gesinnung ist stets dann auszugehen, wenn – wie in diesem Fall – der tatsächliche Preis den marktüblichen Preis um das 50- bis 100-fache übersteigt und das Modell des Anbieters auf das Generieren horrender Forderungen angelegt ist. Im Ergebnis wurde die Klage des Telekommunikationsunternehmens über mehr als 80.000 Euro als unbegründet zurückgewiesen.
Urteil des OLG Saarbrücken vom 20.02.2014
Aktenzeichen: 4 U 442/12
JurPC Web-Dok. 76/2014