Da die bei Fernabsatzverträgen vorgeschriebene Widerrufsbelehrung erst nach Vertragsschluss in Textform mitgeteilt werden kann, beträgt nach der überwiegenden Meinung in der Rechtsprechung die Widerrufsfrist abweichend von der sonst üblichen Zweiwochenfrist zumindest nach dem Wortlaut des Gesetzes einen Monat (§ 355 Abs. 2 Satz 2 BGB). Zum Teil wird von Juristen allerdings die Auffassung vertreten, dass die Zweiwochenfrist auch dann gilt, wenn die Belehrung unmittelbar nach Vertragsschluss erfolgt. Dem schließt sich nun das Oberlandesgericht Hamm an. Danach soll die Übermittlung der Widerrufsbelehrung per E-Mail unmittelbar im Anschluss an das Ende einer Auktion bei der Internetplattform eBay noch rechtzeitig im Sinne des Gesetzes sein, um die verkürzte 14-tägige Widerrufsfrist beim Verbrauchervertrag auszulösen.
Die Verkürzung der Widerrufsfrist von einem Monat auf 14 Tage bei einem Fernabsatzvertrag setzt nach § 355 Abs. 2 BGB voraus, dass die Widerrufsbelehrung unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern, nach Vertragsschluss in Textform übermittelt wird. Die Übermittlung ist auch dann noch als „unverzüglich nach Vertragsschluss“ anzusehen, wenn der Vertrag bereits mehr als 49 Stunden zuvor mit Abgabe des Höchstgebots zustande gekommen und damit tatsächlich ein längerer als der vom Gesetzgeber in der Regel vorgesehene Zeitraum von einem Tag nach Vertragsschluss bis zur Übermittlung der Belehrung verstrichen ist. Dem eBay-Händler ist in diesem Fall ein früheres Handeln faktisch nicht möglich und auch unzumutbar. Denn er ist gehalten abzuwarten, ob das Gebot des Höchstbietenden noch überboten wird. Es ist ihm somit zuzubilligen, bis zum Auktionsende zu warten, um den letztendlichen Käufer dann über sein Widerrufsrecht zu belehren. Auch dem Höchstbietenden ist dabei klar, dass sein Gebot noch überboten werden kann. Er rechnet daher erst nach Abschluss der Auktion mit der Belehrung über seine Verbraucherrechte.
Urteil des OLG Hamm vom 10.01.2012
Aktenzeichen: I-4 U 145/11
K&R 2012, 219