Ein eBay-Bieter, der seine Chance auf ein Schnäppchen sucht und dadurch einen besonders günstigen Preis erzielt, handelt grundsätzlich weder sittenwidrig noch rechtsmissbräuchlich. Von einem solchen Schnäppchenjäger abzugrenzen sind sogenannte Abbruchjäger. Hierbei handelt es sich um Bieter, die ohne echtes Kaufinteresse bei einer Vielzahl von Auktionen niedrige Gebote abgeben, in der Hoffnung, der Verkäufer werde die Auktion abbrechen. Denn ein Auktionsabbruch hat im Regelfall zur Folge, dass ein Kaufvertrag zu dem – für den Bieter günstigen – Höchstgebot im Zeitpunkt des Abbruchs zustande kommt. Ein derartiges Verhalten ist rechtsmissbräuchlich.
Bei der Abgrenzung des Schnäppchenjägers vom Abbruchjäger können abstrakte, verallgemeinerungsfähige Kriterien, die den zwingenden Schluss auf ein Vorgehen als Abbruchjäger zulassen, nicht aufgestellt werden. Es hängt vielmehr von den konkreten Einzelfallumständen ab. Auf ein Bieterverhalten als Abbruchjäger kann beispielsweise geschlossen werden, wenn dieser zunächst abwartet, damit die Erfüllung (etwa durch Übereignung an einen Dritten) unmöglich wird. In diesen Fällen liegt eine illoyal verspätete Geltendmachung des Erfüllungsanspruchs vor, der ein späteres Berufen auf einen Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung rechtsmissbräuchlich erscheinen lässt.
Urteil des BGH vom 22.05.2019
VIII ZR 182/17
CR 2019, 531