Die ärztliche Schweigepflicht besteht grundsätzlich auch nach dem Tod des Patienten weiter. Hat der Patient zu Lebzeiten keine entsprechende Entbindungserklärung abgegeben, so ist dessen mutmaßlicher Wille zu erforschen. Wurde ein Patient durch Behandlungsfehler von einem Arzt gesundheitlich beeinträchtigt und ist er schließlich daran gestorben, ist in der Regel von einem berechtigten mutmaßlichen Interesse des Patienten auszugehen, dass der Sozialversicherungsträger dem Arzt gegenüber Schadensersatzansprüche geltend machen kann und die durch den ärztlichen Kunstfehler entstandenen Kosten nicht zulasten der Solidargemeinschaft der Versicherten gehen.
Der beklagte Arzt muss im Prozess darlegen, aus welchen Gesichtspunkten er sich entsprechend dem mutmaßlichen Willen des verstorbenen Patienten durch die Schweigepflicht gebunden sieht und warum er die Offenlegung von Unterlagen verweigert.
Beschluss des OLG München vom 19.09.2011
Aktenzeichen: 1 W 1320/11
MDR 2011, 1496
jurisPR-MedizinR 1/2012, Anm. 1