Ein Pflichtteilsberechtigter hat gemäß § 2314 BGB einen Anspruch auf Auskunft über den Bestand des Nachlasses durch Vorlage eines von einem Notar aufgenommenen Bestandsverzeichnisses. Dabei hat der Pflichtteilsberechtigte die Wahl, ob er ein vom Erben persönlich erstelltes oder ein amtlich, d.h. notariell aufgenommenes Bestandsverzeichnis verlangen will. Besteht der Berechtigte auf Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses, muss er sich nicht mit Erklärungen des Auskunftspflichtigen begnügen, die lediglich notariell beurkundet wurden. Ein notarielles Nachlassverzeichnis, das den Anforderungen des § 2314 Abs. 1, Satz 3 BGB genügt, liegt vielmehr nur dann vor, wenn der Notar den Nachlassbestand selbst und eigenständig z.B. durch Sichtung von Belegen oder Einholung von eigenständigen Auskünften etc. ermittelt hat.
Dies ist ersichtlich dann nicht der Fall, wenn der beauftragte Notar – wie im vorliegenden Fall – folgenden Absatz in die Urkunde aufgenommen hat: „Alle nachfolgend aufgelisteten Aktiva und Passiva beruhen, soweit sie nicht durch Quittungen oder Bankbestätigungen belegt sind, auf den Angaben der Erschienenen. Der Notar wurde von der Erschienenen nicht beauftragt, den Nachlassbestand selbst zu ermitteln.“ In diesem Fall liegt kein ordnungsgemäßes Bestandsverzeichnis vor.
Urteil des LG Kleve vom 09.01.2015
Aktenzeichen: 3 O 280/14
jurisPR-FamR 6/2015 Anm. 7
NJW-Spezial 2015, 104