Die Frage der Qualifikation von Aufsichtsratsmitgliedern ist spätestens mit der Finanzkrise (und dort besonders bei den Landesbanken) in das Blickfeld der medialen Öffentlichkeit gerückt. Der Gesetzgeber hat darauf durch die Einführung des § 100 Abs. 5 Aktiengesetz (AktG) für kapitalmarktorientierte Gesellschaften reagiert. Nunmehr ist vorgeschrieben, dass mindestens ein unabhängiges Mitglied des Aufsichtsrats über Sachverstand auf den Gebieten Rechnungslegung oder Abschlussprüfung verfügen muss. Erstmals hat sich nun ein Gericht damit befasst, wie das Merkmal des Sachverstands auf diesen Gebieten auszulegen ist.
Das Landgericht München verlangt im Hinblick auf den § 100 Abs. 5 AktG nicht, dass das unabhängige Mitglied des Aufsichtsrats Organmitglied einer Kapitalgesellschaft mit der Zuständigkeit für diese Bereiche oder auch nur schwerpunktmäßig beruflich mit dieser „Materie“ befasst gewesen sein muss. So führt der Regierungsentwurf aus, dass der Sachverstand insbesondere auch bei fachkundigen Angestellten aus den Bereichen Rechnungswesen und Controlling oder bei Betriebsräten, die sich die entsprechenden Kenntnisse im Zuge ihrer Tätigkeit durch Weiterbildung angeeignet haben, angenommen werden kann. Daher ist nicht zwingend zu fordern, dass der Aufsichtsrat Finanzvorstand einer Aktiengesellschaft ist oder ein Berufsexamen als Wirtschaftsprüfer aufweist.
Urteile des LG München I vom 05.11.2009
Aktenzeichen: 5 HK O 15312/09, 5 HKO 15312/09
DStR 2010, 711
Betriebs-Berater 2010, 885