Bei einem typischen Auffahrunfall spricht der sogenannte Anscheinsbeweis dafür, dass der Auffahrende den Unfall entweder durch einen ungenügenden Sicherheitsabstand, durch zu hohe Geschwindigkeit oder/und durch allgemeine Unaufmerksamkeit schuldhaft verursacht hat. Die Anwendung dieser Beweisregeln setzt jedoch das Vorliegen einer typischen Verkehrssituation voraus.
Das Saarländische Oberlandesgericht wendet den Grundsatz uneingeschränkt auch auf Auffahrunfälle auf Autobahnen an. Bei einem – behaupteten – Fahrspurwechsel des Vorausfahrenden ist der Anscheinsbeweis erst dann entkräftet, wenn der Fahrspurwechsel erwiesenermaßen in engem zeitlichem Zusammenhang mit dem Auffahrunfall erfolgte. Anderenfalls müsste der Vordermann den in der Praxis kaum möglichen Beweis führen, dass der Auffahrende schon eine gewisse Zeit hinter ihm gefahren ist. Kann der Unfallhergang – wie im hier entschiedenen Fall – nicht aufgeklärt werden, bleibt es daher bei der alleinigen Haftung des Auffahrenden.
Urteil des OLG Saarbrücken vom 19.05.2009
Aktenzeichen: 4 U 347/08
NJW-Spezial 2009, 507