An einer Kreuzung in einer Tempo-30-Zone kam es zu einer Kollision zwischen zwei Pkws. Der wartepflichtige Fahrer behauptete, der Bevorrechtigte sei statt der erlaubten 30 etwa 60 km/h gefahren. Dies könne er dadurch „beweisen“, dass ein Zeuge ein Reifenquietschen des abbremsenden Wagens des Unfallgegners gehört habe.
Das Kammergericht Berlin ging bei der Beurteilung des Falls zunächst davon aus, dass nach dem sogenannten Anscheinsbeweis den wartepflichtigen Autofahrer, der durch seinen Vorfahrtsverstoß den Unfall herbeigeführt hat, die alleinige Haftung trifft. Er muss daher beweisen, dass dem bevorrechtigten Autofahrer ein Fehlverhalten, etwa eine Geschwindigkeitsüberschreitung, anzulasten ist. Dieser Nachweis konnte hier nicht geführt werden. Allein das Quietschen von abbremsenden Reifen lässt keinen verlässlichen Schluss auf die gefahrene Geschwindigkeit zu. Danach blieb es beim Alleinverschulden des Vorfahrtsverletzers.
Beschluss des KG Berlin vom 28.05.2009
Aktenzeichen: 12 U 43/09
NJW-Spezial 2009, 602