Bei einem Auffahrunfall spricht der Beweis des ersten Anscheins für ein Verschulden des auffahrenden Kraftfahrers. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn sich der Unfall kurz nach einem Spurwechsel des vorausfahrenden Fahrzeugs ereignet hat und sich nicht beide Kraftfahrer bereits auf die geänderte Verkehrssituation eingestellt haben.
Kollidieren an einer Ampelanlage ein anfahrender Lkw und ein Pkw, der während der vorangegangenen Rotphase sein Fahrzeug nach einem vorgenommenen Fahrstreifenwechsel nach links in eine vor dem Lkw befindliche Lücke gelenkt hat, haftet der Fahrer des Pkws in Höhe von 70 Prozent für den entstandenen Schaden, weil er sich vor dem Spurwechsel insbesondere durch Blickkontakt nicht versichert hat, dass der bevorrechtigte Lkw-Fahrer eine entsprechende Lücke lässt. Dem Lkw-Fahrer wurde vom Oberlandesgericht Hamm angelastet, dass er den Verkehr neben ihm nicht aufmerksam genug verfolgt hatte und er durchaus mit einem Spurwechsel hätte rechnen müssen.
Urteil des OLG Hamm vom 30.10.2012
Aktenzeichen: I-9 U 5/12
RuS 2013, 147
NZV 2013, 247