Ein Mann legte vor einer anstehenden Operation handschriftlich und unterschrieben folgenden Text nieder: „Sollte mir bei der Gallenoperation etwas zustoßen, bekommt Frau A. L. meine 2 Sparbücher und den Bauplatz in A.“ Er überlebte die Operation. Als er sechs Jahre später verstarb, stritt Frau A. L., die Lebensgefährtin des unverheirateten und kinderlosen Verstorbenen, mit dessen entfernten Verwandten um das Erbe. Das mit der Sache befasste Oberlandesgericht München hatte zu entscheiden, ob die Erbeinsetzung nur für den Fall des Versterbens bei der bevorstehenden Gallenoperation gewollt war oder auch darüber hinaus Gültigkeit haben sollte.
Bei Verwendung eines Konditionalsatzes im Zusammenhang mit einer Operation kann diese Formulierung nach Meinung des Gerichts auch den Fall erfassen, dass der Erblasser nicht anlässlich des im Testament genannten Ereignisses verstirbt. Er will dann mit dieser Formulierung in der Regel nur sein Motiv für die Errichtung des Testaments zum Ausdruck bringen und damit auch eine allgemeingültige Regelung seine Rechtsnachfolge betreffend anordnen. Nur wenn sich ausnahmsweise ein Wille des Erblassers ermitteln lässt, dass er die Erbeinsetzung einer bestimmten Person nur vom Tode anlässlich eines ganz bestimmten Ereignisses (hier Scheitern der Operation) abhängig machen will, weil diese Person in irgendeiner Form mit dem Ereignis verknüpft ist, kann die Erbeinsetzung auch alleine auf diesen Fall beschränkt werden. Hier spielte bei der Auslegung der letztwilligen Verfügung zudem eine Rolle, dass der Erblasser über 40 Jahre mit der bedachten Frau A. L. zusammenlebte, die ihn nach der Operation noch sechs Jahre pflegte und er zu Lebzeiten keinerlei Kontakt zu den gesetzlichen Erben (Cousins und Cousinen) gepflegt hatte. Im Ergebnis wurde das Erbe seiner Lebensgefährtin zugesprochen.
Beschluss des OLG München vom 15.05.2012
Aktenzeichen: 31 Wx 244/11
jurisPR-FamR 14/2012, Anm. 5
ErbR 2012, 222