Bausparkassen versuchen seit geraumer Zeit durch eine Vielzahl von Kündigungen, die oft seit Jahren vollständig angesparten und zuteilungsreifen Bausparverträge vorzeitig zu beenden, da diese angesichts der anhaltenden Tiefzinsphase für sie zunehmend verlustbringend sind.
Meist berufen sich die Bausparkassen in ihren Kündigungen auf die Vorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, nach der ein Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzins in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten beidseitig gekündigt werden kann. Dieser Rechtsauffassung folgten u.a. das LG Hannover (AZ: 14 O 55/15) und das Oberlandesgericht Hamm (AZ: I-31 U 191/15). Die Gerichte stellen in einem Bausparfall dem vollständigen Empfang der Darlehensvaluta i.S.d. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB die eingetretene Zuteilungsreife gleich.
Demgegenüber lehnt nunmehr das Oberlandesgericht Stuttgart diese Gleichstellung ab. Obwohl der Bausparvertrag hier bereits über 10 Jahre lang zuteilungsreif war, verneinten die Richter das Kündigungsrecht der Bausparkasse. Gegen das Urteil hat die Bausparkasse Revision zum Bundesgerichtshof eingelegt (AZ: XI ZR 185/16), sodass eine baldige höchstrichterliche Klärung dieser umstrittenen Rechtsfrage zu erwarten ist.
Urteil des OLG Stuttgart vom 30.03.2016
Aktenzeichen: 9 U 171/15
WM 2016, 742