Der Besitzer mehrerer Gemälde beauftragte ein Auktionshaus in Luzern damit, die Gemälde zu veräußern bzw. versteigern zu lassen. Ein Mitarbeiter des Auktionshauses wandte sich nach Besichtigung der Bilder an die Polizei, da die Bilder als gestohlen registriert waren. Die Staatsanwaltschaft leitete daraufhin ein Ermittlungsverfahren gegen den Mann wegen Verdachts der Hehlerei ein, in dessen Rahmen die Bilder beschlagnahmt wurden. Nachdem das Verfahren mangels Tatverdachts eingestellt worden war, hinterlegte die Staatsanwaltschaft die Gemälde beim Amtsgericht. Ein Enkel des bekannten Malers Hans Purrmann machte geltend, die Bilder seien ihm und seiner Schwester im Jahre 1986 bei einem Einbruch entwendet worden. Der Besitzer der Bilder behauptete demgegenüber, er habe die Gemälde 1986 oder 1987 von seinem Stiefvater geschenkt bekommen, der diese nach eigenem Bekunden von einem Antiquitätenhändler oder -sammler in Dinkelsbühl erworben habe. Er machte geltend, die Bilder seien gemäß § 937 Abs. 1 BGB in sein Eigentum übergegangen.
Nach dieser Vorschrift erwirbt derjenige, der eine bewegliche Sache zehn Jahre im Eigenbesitz hat, das Eigentum. Die Ersitzung ist aber nach § 937 Abs. 2 BGB ausgeschlossen, wenn der Erwerber (Käufer oder Beschenkter) bei Erlangung des Eigenbesitzes nicht in gutem Glauben ist oder wenn er später erfährt, dass ihm das Eigentum nicht zusteht. Die Beweislast für den zehnjährigen Eigenbesitz an der Sache trifft denjenigen, der sich auf die Ersitzung beruft, während die Voraussetzungen des Absatzes 2 von demjenigen zu beweisen sind, der die Ersitzung bestreitet und die Herausgabe der Sache verlangt. Allerdings trifft den auf Herausgabe verklagten Besitzer einer dem früheren Besitzer gestohlenen, verloren gegangenen oder sonst abhanden gekommenen Sache eine Darlegungslast für seinen guten Glauben beim Erwerb des Eigenbesitzes.
Die Vorinstanz hat nun zu prüfen, ob die Angaben des Verkäufers der Bilder, einem Autoteile-Großhändler ohne besondere Kunstkenntnisse, zutrafen, er habe nicht gewusst und auch nicht erkennen können, dass die Bilder gestohlen waren. Dann wäre er Eigentümer der Gemälde geworden.
Urteil des BGH vom 19.07.2019
V ZR 255/17
NJW 2019, 3147