Bei einem angetrunkenen Kraftfahrer wurde aufgrund polizeilicher Anordnung eine Blutentnahme vorgenommen. Eine richterliche Entscheidung wurde nicht herbeigeführt, obwohl dies nach dem Gesetz grundsätzlich erforderlich ist. Dem hielt die Polizeibehörde entgegen, auch zur Tageszeit und an Wochentagen seien richterliche Anordnungen nur mit erheblicher Zeitverzögerung zu erlangen; in der Regel dürfe die Entscheidung des Richters nur aufgrund schriftlicher Unterlagen ergehen, müsse schriftlich abgefasst und außerdem mit Gründen versehen sein. Würde der Richter eingebunden, käme die Blutentnahme deshalb meist zu spät.
Diese Argumente ließ das Bundesverfassungsgericht weitgehend nicht gelten: Der Gesetzgeber hat die Anordnung der Blutentnahme grundsätzlich dem Richter anvertraut. Damit soll eine effektive Kontrolle der Ermittlungsmaßnahme durch eine unabhängige und neutrale Instanz gewährleistet werden. Wegen dieser Zielrichtung des Richtervorbehalts müssen die Ermittlungsbehörden daher in der Regel zunächst versuchen, die Anordnung eines Richters zu erlangen. Nur bei Gefährdung des Untersuchungserfolgs durch die mit der Einholung einer richterlichen Entscheidung verbundene Verzögerung dürfen die Staatsanwaltschaft und – nachrangig – die Ermittlungsbehörden die Blutentnahme selbst anordnen. Dies muss hinreichend begründet werden. Bei einfach gelagerten Fällen kann in Ausnahmefällen die Anordnung durch den Richter mündlich erfolgen. Im Übrigen ist auch davon auszugehen, dass an einem Werktag zur Tageszeit ein Ermittlungsrichter, zumindest aber ein richterlicher Eil- oder Notfalldienst, erreichbar ist.
Abschließend wiesen die Verfassungsrichter jedoch darauf hin, dass die Verletzung des Richtervorbehalts bei Anordnung der Blutentnahme nicht zwingend dazu führt, dass die Blutprobe als Beweismittel nicht verwertet werden darf. Ob ein solches Verwertungsverbot vorliegt, ist von den Gerichten im Strafverfahren im Einzelfall zu prüfen.
Beschluss des BVerfG vom 11.06.2010
Aktenzeichen: 2 BvR 1046/08
DAR 2010, 454