Sogenannte Tendenzbetriebe (z.B. kirchliche Einrichtungen) genießen arbeitsrechtlich insoweit eine Sonderstellung, als bei ihnen das außerdienstliche Verhalten eines Arbeitnehmers eine erheblich größere Rolle spielt. So kann beispielsweise ein Wechsel der Konfession oder ein Austritt aus der Kirche eine außerordentliche Kündigung nach sich ziehen. Das Arbeitsgericht Aachen sieht die Grenze dieser Sonderstellung jedoch dann überschritten, wenn bereits bei der Einstellung auf die formelle Mitgliedschaft in einer Religionsgemeinschaft abgestellt wird.
Demnach kann eine unzulässige Diskriminierung wegen der Zugehörigkeit zu einer Religion vorliegen, sofern ein Krankenhaus in kirchlicher Trägerschaft die Bewerbung eines Krankenpflegers allein mit der Begründung zurückweist, er sei nicht Mitglied derselben Religionsgemeinschaft. Dies gilt insbesondere dann, wenn in der Stellenausschreibung die Religionszugehörigkeit als Voraussetzung nicht genannt wurde und für die bestimmte Tätigkeit die Konfessionszugehörigkeit kein Kriterium ist, um die fachliche Tüchtigkeit, gewissenhafte Erfüllung der übertragenen Aufgaben (hier Tätigkeit als Krankenpfleger) und Zustimmung zu den Zielen der Einrichtung beurteilen zu können. Einem abgelehnten Bewerber kann daher in einem solchen Fall ein Entschädigungsanspruch nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) zustehen.
Urteil des ArbG Aachen vom 13.12.2012
Aktenzeichen: 2 Ca 4226/11
jurisPR-ArbR 18/2013, Anm. 1