Das Unterhaltsrecht geht von dem Grundsatz aus, dass sich der Unterhalt begehrende Ehegatte unter Einsatz aller zumutbaren und möglichen Mittel nachhaltig bemühen muss, eine angemessene Tätigkeit zu finden. Dies hat der Unterhaltsberechtigte zu beweisen. Dabei genügt nicht in jedem Fall, dass eine größere Anzahl erfolgloser Stellenbewerbungen nachgewiesen wird.
Vielmehr ist auch zu berücksichtigen, ob der Unterhaltsberechtigte in der Vergangenheit seine realen Beschäftigungschancen genutzt hat. Hat sich eine mittlerweile 53-jährige geschiedene Ehefrau angesichts der damals hohen Unterhaltszahlungen jahrelang nicht um einen beruflichen Wiedereinstieg bemüht und sich dafür bei der Unterhaltsberechnung sogar ein fiktives Einkommen für eine mögliche Teilzeitarbeit anrechnen lassen, so muss sie sich so behandeln lassen, als hätte sie die Chance einer stufenweisen beruflichen Eingliederung genutzt, und kann nunmehr nicht auf ihr inzwischen höheres Alter und die damit verbundenen geringeren Bewerbungschancen verweisen. In einem solchen Fall kann es gerechtfertigt sein, bei der Unterhaltsberechnung trotz der erfolglosen Jobsuche (hier 46 erfolglose Bewerbungen) ein höheres fiktives Erwerbseinkommen eines Vollzeitbeschäftigten zu berücksichtigen.
Urteil des BGH vom 21.09.2011
Aktenzeichen: XII ZR 121/09
FuR 2012, 85