Eine langfristige Auslandskrankenversicherung nach dem Tarif R 65 hat dem Versicherungsnehmer die Kosten für einen Rückflug nach Deutschland zu erstatten, wenn seine notwendige medizinische Behandlung im Ausland nicht gewährleistet ist. Zu dieser Frage stellt das Oberlandesgericht Hamm folgende Grundsätze auf:
Die Beurteilung der medizinischen Notwendigkeit hängt nicht allein von der Auffassung des Versicherungsnehmers oder des ihn behandelnden Arztes ab, sondern von den objektiven medizinischen Befunden und Erkenntnissen im Zeitpunkt der Vornahme der Behandlung. Steht demnach die Eignung einer Behandlung, eine Krankheit zu heilen oder zu lindern oder ihren Verschlimmerungen entgegenzuwirken nach medizinischen Erkenntnissen fest, folgt daraus grundsätzlich auch die Eintrittspflicht des Versicherers. Medizinisch notwendig kann eine Behandlung aber auch dann sein, wenn ihr Erfolg nicht sicher vorhersehbar ist. Es genügt insoweit, wenn die medizinischen Befunde und Erkenntnisse es im Zeitpunkt der Behandlung vertretbar erscheinen lassen, die Behandlung als notwendig anzusehen.
Diese Voraussetzungen lagen bei einer im Ausland arbeitenden Hotelangestellten vor, die zum Zeitpunkt ihres Transports an einer schweren Bauchfellentzündung mit Sepsis mit beginnendem, lebensbedrohlichem Organversagen erkrankt war. Sie musste sofort nach ihrer Ankunft in Deutschland notoperiert werden. Die Ärzte an ihrem Arbeitsort in Portugal hatten eine Operation nicht für erforderlich gehalten, worauf sich der Gesundheitszustand der Frau dramatisch verschlechterte. Im Ergebnis musste ihr die Versicherung die Flugtransportkosten in Höhe von 21.518 Euro erstatten.
Urteil des OLG Hamm vom 30.10.2015
Aktenzeichen: I-20 U 190/13
RRa 2016, 148