Grundsätzlich bedürfen Vorschulkinder einer ständigen Aufsicht im Straßenverkehr. Der Umfang der gebotenen Aufsicht bestimmt sich nach Alter, Eigenart, Charakter und Vorhersehbarkeit des Verkehrsverhaltens. Kann sich ein Kind bereits sicher alleine im Straßenverkehr bewegen, muss es nicht ständig von den Eltern überwacht oder gar aktiv unterstützt werden. So sah es das Amtsgericht München durchaus als vertretbar an, dass ein Vater seine fünfjährige Tochter, die seit zwei Jahren unfallfrei auf der Straße Rad fährt, das letzte Stück zum Kindergarten allein fahren lässt.
Er haftet daher nicht wegen des Verstoßes gegen die elterliche Aufsichtspflicht, wenn das Kind, weil es sich durch andere Verkehrsteilnehmer bedrängt fühlt, mit dem Rad umkippt und dabei ein parkendes Fahrzeug beschädigt. Der Unfall wäre letztlich nur vermeidbar gewesen, wenn der Vater den Lenker des Kinderrades ständig festgehalten hätte, was wegen der Fähigkeiten des Kindes nicht angezeigt und der Persönlichkeitsentwicklung des Kindes hin zum selbstständigen Verkehrsteilnehmer nicht dienlich gewesen wäre. Eine eigene Haftung der Fünfjährigen schied nach dem Gesetz von vornherein aus.
Urteil des AG München vom 19.11.2010
Aktenzeichen: 122 C 8128/10
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