Ein Erbe kann die Pflichtteilsansprüche anderer Hinterbliebener als Nachlassverbindlichkeit steuermindernd geltend machen. Diesen Vorteil kann sich auch noch nachträglich ein Pflichtteilsberechtigter zunutze machen, der dem ursprünglichen Erben zeitnah nachfolgt. In dem vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall wurde der Erblasser zunächst von seiner Ehefrau als Alleinerbin beerbt. Die Tochter des Ehepaares machte den ihr nach dem Tod des Vaters zustehenden Pflichtteil nicht geltend. Das Gericht ließ jedoch die nachträgliche Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs durch die Tochter zu, nachdem ein Jahr nach dem Vater auch die Mutter verstorben war, die von ihr alleine beerbt wurde. So konnte die Tochter bei beiden Fällen sämtliche Freibeträge für die Erbschaftssteuer ausschöpfen.
Unerheblich ist dabei, ob der Pflichtteilsanspruch zivilrechtlich bereits erloschen ist und ob der ursprüngliche Erbe (hier die Ehefrau und Mutter) damit rechnen musste, den Pflichtteilsanspruch (hier der Tochter) zu Lebzeiten erfüllen zu müssen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Pflichtteilsanspruch im Zeitpunkt der Mitteilung an das Finanzamt noch nicht verjährt (drei Jahre) ist.
Urteil des BFH vom 19.02.2013
Aktenzeichen: II R 47/11
DStR 2013, 523
DB 2013, 617