Nach dem seit dem 1. Januar 2008 geltenden Unterhaltsrecht kann ein geschiedener Ehegatte vom anderen wegen der Pflege und Erziehung eines gemeinsamen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen. Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen. Die Dauer des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt verlängert sich darüber hinaus, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Ehedauer der Billigkeit entspricht. Mit der Einführung des „Basisunterhalts“ hat der Gesetzgeber dem betreuenden Elternteil die Entscheidung überlassen, ob er das Kind in dessen ersten drei Lebensjahren selbst erziehen oder eine andere Betreuungsmöglichkeit in Anspruch nehmen will. Erzielt der betreuende Elternteil in dieser Zeit gleichwohl Arbeitseinkommen, muss er sich diese Einkünfte nach den Umständen des Einzelfalls nur teilweise anrechnen lassen.
Im Rahmen der nach Ablauf von drei Jahren vorzunehmenden Billigkeitsprüfung haben kindbezogene Verlängerungsgründe das stärkste Gewicht. Vorrangig ist deswegen stets der individuelle Umstand zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Betreuung des Kindes auf andere Weise, z.B. durch Inanspruchnahme geeigneter Einrichtungen zur Kinderbetreuung, sichergestellt werden kann. In dem Umfang, in dem das Kind nach Vollendung des dritten Lebensjahres eine solche Einrichtung besucht oder unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse besuchen könnte, kann sich der betreuende Elternteil also nicht mehr auf die Notwendigkeit einer persönlichen Betreuung des Kindes berufen. Neben Gesichtspunkten des Kindeswohls ist zudem zu prüfen, ob der dem betreuenden Elternteil verbleibende Betreuungsanteil neben der Erwerbstätigkeit zu einer überobligatorischen Belastung führen kann. Hinzu kommen weitere Gründe nachehelicher Solidarität, etwa ein in der Ehe gewachsenes Vertrauen in die vereinbarte und praktizierte Rollenverteilung und die gemeinsame Ausgestaltung der Kinderbetreuung.
Mit dieser Grundsatzentscheidung wird die Fremdbetreuung eines mindestens dreijährigen Kindes der persönlichen Betreuung durch einen Elternteil – in den meisten Fällen der Mutter – im Prinzip als gleichwertig gegenübergestellt. Nur in besonders begründeten Fällen ist der Elternbetreuung nach wie vor der Vorrang zu gewähren.
Urteil des BGH vom 18.03.2009
Aktenzeichen: XII ZR 74/08
NWB 2009, 985