Die Vorschrift des § 116 SGB X (Sozialgesetzbuch) bestimmt, dass ein Anspruch des Geschädigten auf Ersatz eines Schadens von ihm auf den Sozialleistungsträger übergeht, soweit dieser aufgrund des Schadensereignisses Sozialleistungen an den Geschädigten zur Schadensbehebung zu erbringen hat. Von diesem Anspruchsübergang sind Verletzungshandlungen von Familienangehörigen ausgenommen, wenn diese mit dem Geschädigten in einer häuslichen Gemeinschaft leben. Das Bundesverfassungsgericht hat dieses Haftungsprivileg nun erweitert und den Schutz auf getrennt lebende Eltern vor Haftungsrisiken im Umgang mit ihrem Kind erweitert.
Danach kann auch bei Getrenntlebenden eine „häusliche Gemeinschaft auf Zeit“ bestehen, wenn das Kind den Elternteil im Rahmen seines Umgangsrechts besucht. Voraussetzung ist allerdings, dass der nicht sorgeberechtigte Elternteil beim Besuch seiner Verantwortung für das Kind in dem ihm rechtlich möglichen Maße nachkommt und regelmäßigen, längeren Umgang mit dem Kind pflegt, sodass dieses zumindest zeitweise auch in seinen Haushalt integriert ist. Hiervon ist bei regelmäßigen Besuchen des Kindes am Wochenende im Rahmen des Umgangsrechts in der Regel auszugehen.
In dem vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fall ging es um einen folgenschweren Unfall eines Kleinkindes bei einem Wochenendbesuch bei seinem Vater. Das Kind stürzte in eine ungesicherte Regentonne und blieb mehrere Minuten unter Wasser. Der Junge trug dabei schwere Schäden davon und wird lebenslang ein Pflegefall bleiben. Das Kind bezieht aufgrund seiner Schwerbehinderung dauerhaft Leistungen der Sozialhilfe. Die Verfassungsrichter sahen bei dem Vater die Voraussetzungen für eine Haftungsprivilegierung für erfüllt. Er kann nicht für die Unfallfolgen haftbar gemacht werden.
Beschluss des BVerfG vom 11.10.2010
Aktenzeichen: 1 BvL 14/09
FamRZ 2010, 2050