Ein Vertreter der Bundesinnung der Hörgeräteakustiker äußerte sich in einem Zeitungsartikel äußerst kritisch gegenüber einem Innungsmitglied, das bundesweit in Zusammenarbeit mit HNO-Ärzten Hörhilfen im sogenannten „verkürzten Versorgungsweg“ vertreibt. Er wertete diesen Vertriebsweg im Vergleich zum „klassischen Versorgungsweg“ mit der Bemerkung „Hier wird für schlechte Qualität gutes Geld ausgegeben“ ab.
Der Betreiber des angegriffenen Vertriebssystems zog u.a. wegen dieser Bemerkung vor Gericht. Seine Klage scheiterte jedoch schließlich vor dem Bundesgerichtshof, der zunächst klarstellte, dass sich auch eine Handwerksinnung als Körperschaft des öffentlichen Rechts auf das Grundrecht der Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG berufen kann, soweit sie nicht in ihrer Funktion als Teil der öffentlichen Verwaltung, sondern als Vertreterin der berufsständischen und wirtschaftlichen Interessen ihrer Mitglieder betroffen ist. Bei kritischen Äußerungen ist jedoch stets das Gebot der Sachlichkeit und Neutralität sowohl in inhaltlicher Hinsicht als auch bei den gewählten Formulierungen zu wahren. Nimmt die Handwerkervertretung – wie hier – berufsständische und wirtschaftliche Interessen ihrer Mitglieder wahr, geht damit eine Lockerung des Sachlichkeitsgebots einher. Im Ergebnis hielten die Bundesrichter die beanstandete Äußerung von der Meinungsfreiheit gedeckt; sie stellt keine wettbewerbswidrige Herabsetzung des betroffenen Unternehmens dar.
Urteil des BGH vom 01.03.2018
Aktenzeichen: I ZR 264/16
WRP 2018, 682