Ein Autofahrer kam mit seinem Pkw außerorts in einer Kurve nach links von der Fahrbahn ab und prallte gegen einen Laternenpfahl, wodurch am Fahrzeug ein Schaden von ca. 6.400 Euro entstand. Eine daraufhin durchgeführte Blutentnahme ergab eine Blutalkoholkonzentration von 2,7 Promille. Im anschließenden Strafverfahren wurde der Unfallfahrer wegen fahrlässigen Vollrausches verurteilt. Seine Kaskoversicherung ging von einer grob fahrlässigen Schadensverursachung aus und verweigerte jede Leistung.
Der Rechtsstreit ging bis vor den Bundesgerichtshof, der zunächst feststellte, dass in Einzelfällen bei besonders gravierendem Fehlverhalten nicht nur eine Kürzung, sondern auch die komplette Verweigerung der Versicherungsleistung gerechtfertigt sein kann. Allerdings ist bei extrem hoher Alkoholisierung des verunglückten Versicherungsnehmers auch stets zu prüfen, ob dieser nicht möglicherweise unzurechnungsfähig war. Sollte eine Unzurechnungsfähigkeit des Autofahrers im Zeitpunkt des Unfalls vorgelegen haben, so kann der Vorwurf der grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalles allerdings auch an ein zeitlich früheres Verhalten anknüpfen. Das ist der Fall, wenn der Versicherungsnehmer vor Trinkbeginn oder in einem Zeitpunkt, als er noch schuldfähig war, erkannt oder grob fahrlässig nicht erkannt hat, dass er im Zustand der Unzurechnungsfähigkeit einen Versicherungsfall herbeiführen wird. Bei der Beurteilung der groben Fahrlässigkeit kommt es stets auf die Umstände des Einzelfalls an.
Urteil des BGH vom 22.06.2011
Aktenzeichen: IV ZR 225/10
Schaden-Praxis 2011, 300
VersR 2011, 1037