Nach dem Gesetz darf gegen den freien Willen des Volljährigen kein Betreuer bestellt werden. Wenn der Betroffene der Einrichtung einer Betreuung nicht zustimmt, ist deswegen neben der Notwendigkeit einer Betreuung stets zu prüfen, ob die Ablehnung durch den Betroffenen auf einem freien Willen beruht. Der Bundesgerichtshof hat in einer aktuellen Entscheidung erklärt, worauf es bei der Beurteilung des freien Willens ankommt.
Für die Karlsruher Richter sind die beiden entscheidenden Kriterien dabei die Einsichtsfähigkeit des Betroffenen und dessen Fähigkeit, nach dieser Einsicht zu handeln. Fehlt es an einem dieser beiden Elemente, liegt kein freier, sondern ein natürlicher Wille vor. Einsichtsfähigkeit setzt die Fähigkeit des Betroffenen voraus, im Grundsatz die für und wider eine Betreuerbestellung sprechenden Gesichtspunkte zu erkennen und gegeneinander abzuwägen. Dabei dürfen jedoch keine überspannten Anforderungen an die Auffassungsgabe des Betroffenen gestellt werden. Auch der an einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung leidende Betroffene kann in der Lage sein, einen freien Willen zu bilden und ihn zu äußern. Abzustellen ist jeweils auf das Krankheitsbild des Betroffenen. So vermag ein an einer Psychose Erkrankter das Wesen und die Bedeutung einer Betreuung im Detail eher zu begreifen als der an einer Demenz Leidende. Wichtig ist das Verständnis, dass ein gesetzlicher Vertreter bestellt wird, der eigenständige Entscheidungen in den ihm übertragenen Aufgabenbereichen treffen kann. Der Betroffene muss Grund, Bedeutung und Tragweite einer Betreuung intellektuell erfassen können.
Beschluss des BGH vom 09.02.2011
Aktenzeichen: XII ZB 526/10
FamRZ 2011, 630
MDR 2011, 427