Ist gegen einen Titel (Vollstreckungsbescheid, Urteil) kein Rechtsmittel mehr möglich, kann der Gläubiger das verbriefte Recht in Anspruch nehmen und zwar unabhängig davon, ob es ihm tatsächlich zusteht. Die Rechtskraft einer Entscheidung muss jedoch ausnahmsweise dann zurücktreten, wenn sie sittenwidrig herbeigeführt wurde. Diese Ausnahmefälle sind jedoch im Sinne der Rechtssicherheit auf eklatante Fälle zu beschränken.
Einen solchen Fall nahm das Brandenburgische Oberlandesgericht bei einer Honorarvereinbarung eines Rechtsanwalts mit einem Mandanten an. Der Jurist hatte sich für die Vertretung in einem Verbraucherinsolvenzverfahren ausgehend von 100 Arbeitsstunden ein Pauschalhonorar von 15.000 DM (Vereinbarung wurde vor der Euro-Einführung abgeschlossen) zzgl. Mehrwertsteuer versprechen lassen. Die Vergütung sollte auch dann in voller Höhe zu zahlen sein, wenn die angenommene Stundenzahl nicht erreicht wird. Zudem verzichtete der Mandant für den Fall des gerichtlichen Mahnverfahrens auf die Einlegung von Rechtsmitteln. Das Gericht sah angesichts des unangemessen hohen Honorars und der krassen Überforderung des mittellosen Mandanten einen derart eklatanten Fall der Sittenwidrigkeit, dass es die Zwangsvollstreckung aus dem von dem Anwalt erwirkten Zahlungstitel für unzulässig erklärte.
Beschluss des OLG Brandenburg vom 01.10.2009
Aktenzeichen: 12 W 29/09
Pressemitteilung des OLG Brandenburg