Einer der im Jahr 1993 wegen Mordes an dem bekannten Schauspieler Walter Sedlmayr zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilten Halbbrüder, der 2008 auf Bewährung aus der Haft entlassen wurde, klagte gegen ein Informationsportal, das in seinem Archiv einen Bericht aus dem Jahr 2005 über ein abgelehntes Wiederaufnahmeverfahren bereitstellte. In dem Bericht wurde der volle Name des Mannes genannt. Der Fall ging bis vor den Bundesgerichtshof.
Die Bundesrichter gingen zunächst im Grundsatz davon aus, dass das Bereithalten der den Betroffenen namentlich als wegen Mordes Verurteilten bezeichnenden Meldung im Internet einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht darstellt. Dem steht jedoch das Informationsinteresse der Öffentlichkeit an einer Berichterstattung mit der damit zwangsläufig verbundenen Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts gegenüber. Obwohl mit zeitlicher Distanz zur Straftat das Interesse des Täters, von einer Reaktualisierung seiner Verfehlung verschont zu bleiben und nicht „ewig an den Pranger gestellt“ zu werden, zunehmend an Bedeutung gewinnt, gab das Gericht in diesem Fall dem Recht auf freie Meinungsäußerung den Vorrang.
Die beanstandete Meldung beeinträchtigte das Persönlichkeitsrecht einschließlich des Resozialisierungsinteresses des Betroffenen nicht in erheblicher Weise. Die bereits Jahre alte Meldung befand sich im Archiv eines Internetdienstes, in dem nicht nur über das aktuelle Zeitgeschehen berichtet wird, sondern in dem auch die Möglichkeit besteht, vergangene zeitgeschichtliche Ereignisse zu recherchieren. Zudem war die Meldung nur Nutzern mit besonderer Zugangsberechtigung zugänglich. Der Sedlmayr-Mörder scheiterte daher mit seinem Verlangen, den ihn namentlich nennenden Artikel aus dem Internet zu entfernen.
Urteil des BGH vom 01.02.2011
Aktenzeichen: VI ZR 345/09
MDR 2011, 423
K&R 2011, 331