Ein junger Autofahrer wechselte bei Dunkelheit nach dem Einfahren in die Autobahn von der Einfädelspur gleich auf die Überholspur, um ein auf der rechten Fahrspur langsam fahrendes Fahrzeug zu überholen. Dabei kam es zu einer Kollision mit einem mit hoher Geschwindigkeit von hinten herannahenden Fahrzeug. Der im darauffolgenden Prozess über die Haftungsverteilung beauftragte Unfallsachverständige ließ keinen Zweifel daran, dass sich das überholende Fahrzeug bereits im Sichtbereich des Ausscherenden befunden hat und dieser den Unfall hätte vermeiden können, wenn er auf den rückwärtigen Verkehr geachtet und nach Erkennen des schnellen Herannahens der Scheinwerfer seinen eigenen Überholvorgang zurückgestellt hätte.
Trotz dieses grob verkehrswidrigen Verhaltens ging das Gericht von einer Mithaftung des Überholenden in Höhe von 40 Prozent aus, da dieser die Richtgeschwindigkeit von 130 km/h mit 200 km/h um rund 60 Prozent ganz erheblich überschritten hatte. Die Richtgeschwindigkeit ist – so die Urteilsbegründung – „nämlich gerade dafür empfohlen worden, um Gefahren herabzusetzen, die vom Betrieb eines Kraftfahrzeugs mit hoher Geschwindigkeit erfahrungsgemäß herrühren. Wer hingegen, zumal wie vorliegend bei Dunkelheit, die Richtgeschwindigkeit in massiver Art und Weise ignoriert, führt zugunsten seines eigenen schnellen Fortkommens den gegebenen Unfallvermeidungsspielraum nahezu gegen Null zurück.“
Urteil des OLG Koblenz vom 14.10.2013
Aktenzeichen: 12 U 313/13
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