Eine Nachrichtenagentur nahm den Betreiber eines Internetmagazins wegen der unbefugten Übernahme von Nachrichtenmeldungen und der Verletzung von Urheberrechten an den verwendeten Texten auf Unterlassung, Schadensersatz und Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Anspruch. Der Beklagte vertrat die Auffassung, die übernommenen Texte hätten keine eigenschöpferische und eigentümliche Gedankengestaltung und wären daher urheberrechtlich überhaupt nicht geschützt. Dieser Argumentation folgte das Oberlandesgericht Karlsruhe nicht.
Zwar weisen gerade die Texte von Nachrichtenagenturen wegen des hier geltenden Gebots der Sachlichkeit und Zurückhaltung in der sprachlichen Darstellung typischerweise wenig individuelle Charakteristika auf; ein ausgeprägter persönlicher Schreibstil ist hier ebenso unerwünscht wie eine markante rhetorische Gestaltung. Dennoch ist in Rechtsprechung und Wissenschaft anerkannt, dass auch Nachrichtentexte, die in Presse und sonstigen Medien verbreitet werden, in der Regel urheberrechtsschutzfähig sind. Grund dafür ist, dass die vielfältigen Möglichkeiten, ein Thema darzustellen, nahezu unvermeidlich zu einer individuellen Prägung des Artikels führen. Dies gilt nicht nur für Artikel, in die die eigene Meinung des Autors einfließt, sondern auch für die reine Berichterstattung. Auch dort ist die Darstellung durch die individuelle Gedankenformung und -führung des Verfassers geprägt. Im Ergebnis bejahte das Gericht bei allen übernommenen Texten eine Urheberrechtsverletzung des Betreibers des Internetmagazins.
Urteil des OLG Karlsruhe vom 10.08.2011
Aktenzeichen: 6 U 78/10
jurisPR-ITR 5/2012, Anm. 6