Ein Ehepaar hatte sich in einem sogenannten Berliner Testament gegenseitig als Alleinerben und ihre Kinder als Schlusserben des Letztversterbenden eingesetzt. Zudem enthielt das Testament eine Pflichtteilsstrafklausel, wonach ein Kind, das nach dem Tod des Erstversterbenden den Pflichtteil fordert, auch nach dem Tod des später Versterbenden auf den Pflichtteil beschränkt sein sollte.
Das Oberlandesgericht Hamm hat entschieden, dass die Pflichtteilsstrafklausel auch dann eingreift, wenn ein Träger der Sozialhilfe beim Tod des Erstversterbenden für eines der Kinder den Pflichtteil verlangt. In dem konkreten Fall hatte der Sozialhilfeträger, der laufend Leistungen für die schwerbehinderte Tochter der Eheleute erbrachte, nach dem Tod des Vaters den Pflichtteilsanspruch auf sich übergeleitet und gegenüber der Mutter geltend gemacht. Die behinderte Tochter war infolge des Pflichtteilsverlangens des Sozialhilfeträgers beim Tod des Vaters wirksam enterbt worden und konnte nach dem Tod der Mutter wiederum nur ihren Pflichtteil verlangen.
Hinweis: Diese von den Eltern sicherlich nicht wünschenswerte Folge hätte durch ein sogenanntes Behindertentestament verhindert werden können. Die nachträgliche Erstellung eines solchen Testaments nach Eintritt des ersten Erbfalls ist allerdings nicht mehr möglich.
Urteil des OLG Hamm vom 28.02.2013
Aktenzeichen: I-10 U 71/12
Pressemitteilung des OLG Hamm