Wird eine ordentliche Kündigung während der sechsmonatigen Probezeit ausgesprochen, findet das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung. Auf die Frage, ob die Kündigung sozial gerechtfertigt ist, kommt es daher nicht an. Nur in seltenen Ausnahmefällen, wenn die Kündigung völlig willkürlich oder gar sitten- bzw. treuwidrig erscheint, kann sie trotzdem als unwirksam angesehen werden.
Einen solchen Ausnahmefall machte ein in der Probezeit gekündigter Industriemechaniker geltend. Er erlitt in dieser Zeit einen schweren Arbeitsunfall, bei dem ihm durch eine Schneidemaschine drei Finger abgetrennt wurden. Obwohl die Schuldfrage noch nicht geklärt war, erklärte der Arbeitgeber die vorzeitige Kündigung des Arbeitsverhältnisses, wobei einiges darauf hindeutete, dass der Gekündigte – wie bereits mehrmals vorher – die Sicherheitsvorschriften nicht beachtet hatte.
Nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf bedurfte die Kündigung nicht der sozialen Rechtfertigung, weil die sechsmonatige Wartezeit für die Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes noch nicht abgelaufen war. Die Kündigung war trotz der tragischen Umstände weder als sittenwidrig (§ 138 BGB) noch als treuwidrig (§ 242 BGB) anzusehen. Das Urteil ist nach Berufungsrücknahme rechtskräftig.
Urteil des ArbG Solingen vom 10.05.2012
Aktenzeichen: 2 Ca 198/12
Berufungsinstanz: LAG Düsseldorf (14 Sa 1186/12)
Pressemitteilung des LAG Düsseldorf