Einer Prozesspartei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufzubringen vermag, kann auf Antrag Prozesskostenhilfe bewilligt werden. Bei der Prüfung, ob einem Verfahrensbeteiligten wegen Bedürftigkeit Prozesskostenhilfe gewährt werden kann, hat das Gericht sämtliche Einkünfte des Antragstellers zu berücksichtigen. Erlangt die Prozesspartei in dem durchgeführten Verfahren einen nicht unbeträchtlichen Vermögenswert, so kann eine ihr bewilligte Prozesskostenhilfe wieder aufgehoben oder eingeschränkt werden.
Besteht der nachträglich zugeflossene Vermögenswert in einer Abfindungszahlung, die ein Ehegatte im Unterhaltsprozess unter Abgeltung aller künftigen Unterhaltsansprüche erstritten hat, ist unter Abwägung aller Umstände zu entscheiden, ob die Abfindung als einsatzfähiges Vermögen anzusehen ist. Dies verneinte das Oberlandesgericht Hamm im Fall einer 64-jährigen Frau, die einen Abfindungsbetrag von 75.000 Euro erhalten hatte und die bereits einen Teil der Prozesskosten in 48 Monatsraten an die Staatskasse zurückgezahlt hatte. Da die Abfindung den einzigen Vermögenswert darstellte und zur Aufstockung der relativ geringen Rente benötigt wurde, sah es das Gericht als unzumutbar an, der Frau die noch offenen Verfahrenskosten von 8.500 Euro abzuverlangen.
Hinweis: Die Entscheidung ist nicht unumstritten, da die nicht gedeckten Verfahrenskosten nunmehr der Allgemeinheit zur Last fallen.
Beschluss des OLG Hamm vom 16.01.2012
Aktenzeichen: II-8 WF 304/11
jurisPR-FamR 9/2012, Anm. 6