Der Bundesgerichtshof hatte sich mit der Frage zu befassen, wie sich ein Kreditinstitut bei einem Gemeinschaftskonto mit Einzelverfügungsbefugnis (sog. Oder-Konto) im Fall sich widersprechender Kontoverfügungen der Kontoinhaber zu verhalten hat. Grundsätzlich gilt in derartigen Fällen das Prioritätsprinzip, wonach die Aufträge in der Reihenfolge ihres Eingangs zu bearbeiten sind. Voraussetzung ist aber, dass ein formal ordnungsgemäßer Auftrag erteilt wurde. Kann oder muss ein Auftrag nicht ausgeführt werden, weil die Voraussetzungen dafür fehlen, hat er hinter einen nachfolgenden, aber formal ordnungsgemäß erteilten Auftrag zurückzutreten und kann erst dann ausgeführt werden, wenn die fehlenden Ausführungsanforderungen nachgeholt wurden.
Im entschiedenen Fall handelte es sich um das Sparbuch eines inzwischen geschiedenen Ehepaars. Der Ehemann nahm die Bank auf Schadensersatz in Anspruch, weil sie seinen Überweisungsauftrag nicht ausgeführt und wenige Tage später einen größeren Betrag an seine Ehefrau zur Auszahlung gebracht hatte. Seine Klage scheiterte daran, dass er bei seinem Abhebungsauftrag das Sparbuch nicht vorgelegt hatte. Die Bank durfte daher die Ausführung des Auftrags bis zur Vorlage des Sparbuchs ablehnen und den Abhebungsauftrag der Ehefrau, die das Sparbuch vorweisen konnte, ausführen, obwohl diese Kontoverfügung später erfolgte.
Urteil des BGH vom 20.03.2018
Aktenzeichen: XI ZR 30/16
WM 2018, 1352