Ein Pkw-Fahrer wollte abends aus einer Tiefgaragenausfahrt über den Gehweg auf die Fahrbahn nach rechts in eine Einbahnstraße ausfahren. Ein Radfahrer befuhr zum gleichen Zeitpunkt mit seinem Fahrrad verbotswidrig den für ihn linken Gehweg in Gegenrichtung der Einbahnstraße. Dieser Gehweg war nicht für Fahrradfahrer freigegeben. Beim Öffnen der Tiefgaragenein- und -ausfahrt wurde automatisch eine orangefarbige Warnleuchte in Betrieb gesetzt, um Fußgänger auf ein- oder ausfahrende Fahrzeuge aufmerksam zu machen. Als der Pkw etwa einen Meter in den Gehweg eingefahren war, prallte der Radler gegen den Wagen und stürzte über die Motorhaube. Dabei entstand an dem Fahrzeug ein Schaden von über 1.000 Euro, den der Halter von dem Radfahrer ersetzt verlangte. Dieser forderte seinerseits Schadensersatz für die erlittenen Verletzungen.
Der zuständige Richter beim AG München gab beiden nur zum Teil Recht. Zwar war der Radfahrer unstreitig in falscher Richtung unterwegs. Ein Autofahrer muss aber immer mit Radfahrern rechnen. Auch bei einem Verkehrsverstoß haftet ein Radfahrer nicht vollständig. Die Betriebsgefahr, die von einem Kraftfahrzeug ausgeht, wird dabei von den Gerichten in der Regel mit zwei Dritteln, die Haftung des Radfahrers mit einem Drittel angesetzt. Im vorliegenden Fall gab es jedoch Anlass, hiervon abzuweichen. Nachdem der Radfahrer in die falsche Richtung gefahren und wegen der Dunkelheit schlecht sichtbar gewesen war sowie das gelbe Warnlicht missachtet hatte, hielt das Gericht eine umgekehrte Haftungsverteilung von einem Drittel (Autofahrer) und zwei Dritteln (Radfahrer) für angezeigt.
Urteil des AG München vom 03.08.2007
Aktenzeichen: 344 C 26559/05
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